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Norwegen-Besuch an der HKG

Dieses Jahr fand zum zweiten Mal ein Besuch von sehr motivierten Deutschschülern aus dem Ausland an der Hans-Küng-Gemeinschaftsschule statt – nach den Besuchern aus Dänemark im Jahr 2019 waren es nach mehrjähriger coronabedingter Pause diesmal 12 norwegische Schülerinnen und Schüler aus dem ganzen Land, die unsere schöne Stadt Tübingen und Region kennenlernen wollten.

Der Pädagogische Austauschdienst, kurz PAD, bietet Schulen in Deutschland die Möglichkeit, Gastgeber für Schüler aus vielen Ländern zu sein. Diese Jugendlichen zwischen 16 und 17 Jahren lernen schon seit einiger Zeit Deutsch und sind sehr an deutscher Kultur interessiert.

Sie dürfen während ihrer Sommerferien ca. 3 Wochen in Deutschland verbringen, was in erster Linie beinhaltet, dass sie in einer deutschen Gastfamilie an deren Alltag teilhaben, aber auch, dass sie am Unterricht deutscher SchülerInnen teilnehmen, Deutschunterricht von einer Lehrkraft ihres Landes erhalten, besondere auf sie zugeschnittene Unterrichtsstunden besuchen (z.B. Maultaschenkochen, Regionalgeschichte, Deutschlandpolitik, Sport…) sowie Ausflüge in die Region unternehmen.

So durften unsere Gäste gute 2 Wochen bei uns in Tübingen verbringen, um dann mit der norwegischen Lehrkraft und einem Reiseleiter noch einige Tage in Berlin zu erleben.

Besonders ist dabei, dass sich die Jugendlichen aktiv bewerben müssen, um an dem Programm teilnehmen zu dürfen, ihre Kenntnisse über und in Deutschland in ihrer Freizeit weiter vertiefen möchten und vor allem, dass sie sich nicht vorher kennen und somit nicht, wie bei einem regulären Austausch, in ihren bekannten Grüppchen zusammentun können. Es sind also Jugendliche, die sich auf unbekanntes Terrain begeben und mutig „ins kalte Wasser springen“.

Durch die vorherige Kontaktaufnahme haben sich die deutschen und norwegischen Jugendlichen am Ankunftsabend sofort erkannt und freudig begrüßt. Sie konnten sich nun in den Gastfamilien kennenlernen und fingen direkt damit an, ihre bereits guten bis sehr guten Deutschkenntnisse weiter zu vertiefen, wie die Deutschen später sehr positiv überrascht berichteten.

Die norwegische Lehrkraft war auch sehr engagiert und auf Anhieb sympathisch, und meine Familie und ich durften sie gleich bei uns zu Hause kennenlernen, wo sie für eine Woche wohnen sollte. Ein typisch schwäbisches Gericht und norwegische Spezialitäten, die sie uns mitgebracht hatte, sorgten für gute Stimmung zur Begrüßung.

Der auf dem Plan stehende Unterricht für den ersten Tag begann gleich etwas anders als erwartet, und zwar mit dem Abischerz unserer 13er. Dank der Wasserpistolen der Abiturienten kamen nach und nach alle mehr oder weniger wie begossene Pudel in unserem Besprechungsraum an, verzögert durch das Überwinden eines Hindernislaufs, da diverse Möbelstücke den Zutritt versperrten. Sie erlebten somit gleich ein Stück deutschen Schulalltags und arbeiteten super mit, obwohl wir weit und breit die einzige Gruppe waren, die bei lauter Partymusik eine unterrichtsähnliche Veranstaltung durchführten.

Insgesamt hielt das Interesse, Engagement und die Begeisterung der Jugendlichen für Land und Leute die ganzen zwei Wochen über an, egal ob es um Unterrichtsveranstaltungen, Unternehmungen in der Gastfamilie oder Ausflüge ging…

Besondere Highlights der Zeit bei uns waren das Geocaching in Tübingen, der norwegisch-deutsche Abend in der Mitte des Aufenthaltes, der gemeinsame Ausflug und der Abschlussabend, aber natürlich auch viele individuelle Erlebnisse, die neue Freundschaften entstehen ließen.

Beim Geocaching konnten die Jugendlichen Tübingen in Kleingruppen besonders gut kennenlernen, als sie via GPS-Gerät von Rätsel zu Rätsel innerhalb bestimmter Koordinaten-punkte gelangen mussten, und das alles als sportliche Herausforderung, da es nicht nur um Team- und Kampfgeist, Ehrgeiz und Richtigkeit, sondern auch um Schnelligkeit ging. Nebenbei lernten alle Beteiligten, auch die Lehrkräfte, einiges Neues über die Geschichte und wichtige Persönlichkeiten Tübingens kennen.

Zu Gewinnen gab es typisch schwäbische Wibele, winzige Gebäckstücke, zu klein, um sie Kekse zu nennen, sowie Pralinen. Der Preis war nach kürzester Zeit aufgegessen.

Der norwegisch-deutsche Abend war auch für die Eltern ganz besonders, weil sie die norwegische Kultur und das Land kennenlernen oder mehr darüber erfahren konnten. Es wurden Fotos und kurze Videos von bisherigen gemeinsamen Erlebnissen und Ausflügen auf der großen Leinwand der Aula gezeigt, aber auch ein Quiz über Norwegen und Deutschland in Form eines Wettbewerbs gespielt, bei dem alle Anwesenden mitraten durften. Außerdem berichtete eine Gruppe norwegischer Jugendlicher von typischen Produkten, Lebensweisen und Traditionen sowie Festen, und es wurden uns atemberaubende Landschaften gezeigt, die Lust machten, das Land zu besuchen, sei es bei einem selbstorganisierten Gegenbesuch oder als Touristenreise. Da unsere SchülerInnen nicht norwegisch lernen, ist die Reise vom PAD ursprünglich als einseitiger Besuch geplant (daher auch die Bezeichnung „Besuch“ statt „Austausch“), aber viele verstanden sich untereinander so gut, dass der Kontakt sicher weiter vertieft wird. Einige Kommentare in diese Richtung konnten wir aufschnappen – wir werden nachhaken, ob und wie derartige Pläne in die Tat umgesetzt werden.

Selbstverständlich durfte auch das Kulinarische nicht zu kurz kommen an einem solchen Abend, und so waren typisch deutsche (darunter auch einige schwäbische) und norwegische Süßspeisen und herzhafte Häppchen vorbereitet, mitgebracht und für gut befunden worden, denn das Buffet war am Ende des Abends leergeräumt und alle gut gesättigt.

Einen ganz besonderen Einblick in die norwegische Kultur bot an diesem Abend ein volkstümlicher Tanz mit entsprechender Musik, die den deutschen Schlagern der Volksfeste nicht unähnlich war. Alle konnten – und sollten – diesen schnell lernen und mehr oder weniger freiwillig mittanzen, und nicht wenige gerieten dabei ziemlich außer Atem, hatte der Tanz von der Bewegungsintensität und stetigen Steigerung des Tempos doch einiges vom griechischen Sirtaki. Überhaupt wurde der Abend von landestypischer Musik untermalt, die überwiegend sehr rhythmisch und tanzbar war.

Unbedingt zu erwähnen ist in puncto Musik das Duo eines deutschen und norwegischen „Gastpaares“, wobei Trompete und Klavier in einer Weise gespielt wurden, dass sich viele der Zuhörer fragten, wann die beiden das bei dem straffen Programm so gut einstudieren konnten. Sie hatten nur wenige Male geübt und eine wirklich herausragende musikalische Leistung erbracht.

Der deutsch-norwegische Ausflug bot ebenfalls eine schöne Abwechslung vom Unterricht, auch für unsere deutschen Jugendlichen. Durch die Vielfalt der drei Ausflugsziele, begleitet von bestem Sommerwetter, war für jeden etwas dabei: Zuerst die Schlossführung auf Schloss Lichtenstein durch baden-württembergische Geschichte mit wunderbarem Ausblick, dann der ebenfalls geführte Besuch in die Bärenhöhle und zum Schluss die Werksbesichtigung bei Albgold, eines regionalen Nudelproduzenten mit unzähligen Varianten, von denen man auch im Albgold-„Outlet“ zu besonders guten Preisen einige als Mitbringsel kaufen konnte. Dazwischen ergaben sich mehrere Picknick-gelegenheiten, bei denen besonders auffällig und lustig zu beobachten war, dass alle norwegischen Jugendlichen stets in der Sonne saßen, die Deutschen hingegen die Schattenplätze wählten.

Erstaunlich war, dass die Jugendlichen nicht mal mit dem stark ausgeprägten Schwäbisch auf der Schwäbischen Alb Probleme hatten; beherrschten auch auf Nachfrage bei weitem nicht alle Touristenführer das Hochdeutsche. Das Vokabular war auch eher kompliziert, da es häufig historisch, geografisch oder wirtschaftlich geprägt war. Die deutschen Jugendlichen waren wiederholt sehr beeindruckt vom hohen Sprachniveau ihrer Gäste, welches auch mehrere deutsche Eltern am gemeinsamen Abend schon bewundernd erwähnt hatten.

Der Abschlussabend mit Bowling war für viele Jugendliche in ihren Teams sehr motivierend, und einige waren richtige Naturtalente, da sie in ihrem bisherigen Leben nicht besonders viel Übung in diesem Bereich hatten. Man konnte sich lustige Avatare mit Foto vom eigenen Gesicht kreieren, die am Bildschirm über den Bowlingbahnen bei erfolgreichen Runden Freudentänze vollführten oder sich aufregten, wenn kein oder nur wenige Kegel getroffen wurden, was den Spaß deutlich erhöhte. Stärken konnte man sich zwischendurch immer wieder mit verschiedenen Pizzavarianten.

Einige Jugendliche wirkten richtig traurig, sich bald von ihren Gastschülern verabschieden zu müssen; es waren Freundschaften entstanden, und dies auch über die Gastfamilien hinaus.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Begegnung sehr gewinnbringend für beide Seiten war, denn selbst wenn die deutschen Jugendlichen höchstens kleine Brocken Norwegisch gelernt haben, so durften auch sie weitreichende Einblicke in die kulturellen Gepflogenheiten eines anderen Landes gewinnen und dazulernen, im besten Falle sogar einen neuen Freund oder eine neue Freundin dazugewinnen.

Das hohe Sprachniveau hat nicht nur die Gastfamilien beeindruckt, sondern durchaus auch die Lehrkräfte, die das Vergnügen hatten, diese ausgesuchten norwegischen Jugendlichen zu unterrichten. Meine Kollegen waren regelrecht begeistert, was man alles auf Deutsch mit ihnen durchführen konnte, und das, ohne sich sprachlich oder dialektal auf einem vereinfachten Niveau bewegen zu müssen.

Als die norwegischen Jugendlichen am 13. Juli 2023 wie geplant mit ihrer Lehrkraft nach Berlin weiterreisten, gab es beim Abschied nicht wenige traurige Gesichter, und tatsächlich wurde schnell von vielen geäußert, dass sie gerne noch länger in Tübingen geblieben wären oder sie Tübingen schon vermissten.

Auch wenn die Tage in Berlin ganz bestimmt sehr spannend waren, so hatten unsere kleine schwäbische Universitätsstadt und Region doch einiges an Eindruck hinterlassen. Wir sind gespannt auf den nächsten internationalen Besuch hier bei uns in Tübingen!