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Frankreichaustausch nach Noisy-Le-Grand

Frankreichaustausch 2022 nach Noisy-Le-Grand

Die gesamte Gruppe beim Kennenlernen
Die deutschen und französischen Lehrkräfte

Anreisetag, Sa, 15.10.2022

Nicht, dass Anreisetage nicht ohnehin schon anstrengend wären, bei aller Vorfreude! Aber Schienenersatzverkehr auf der Strecke Tübingen – Stuttgart UND zusätzlich Streik der deutschen Bahn, der einen Tag vorher bekannt wurde: Das war eine besondere Anreise, aber insgesamt auch eine lustige…

Es begann damit, dass wir uns um kurz nach 6 Uhr morgens alle müde am Finanzamt trafen. Nachdem auch ich, Frau Schmidt, deren Taxifahrer mich an der falschen Seite rausgelassen hatte, endlich die Gruppe gefunden hatte, konnte es losgehen (alle Tübinger Schüler kannten sich im Gegensatz zu dem Taxifahrer und mir super aus und waren vollzählig). Eigentlich hätten wir uns um kurz vor 8 Uhr treffen sollen (an einem Samstagmorgen früh genug!), hätte es nicht kurzfristig den besagten Schienenersatzverkehr gegeben.

Da dann auch noch ein Streik hinzukam, sollte unser Anschlusszug von Nürtingen kurzfristig auch ausfallen, sodass wir von Nürtingen bis Stuttgart drei (!) Verkehrsmittel unterschiedlicher Art (natürlich so ganz spontan dann auch ohne Reservierung) hätten nehmen sollen, jeweils mit extrem kurzen Umsteigezeiten und 31 Jugendlichen und deren Gepäck. Kurzerhand wollten wir auf Nummer Sicher gehen und Frau Schenk, die beeindruckenderweise sehr entspannt war, rief den TGV-Dienst an, um unsere Zugbindung aufheben zu lassen, falls wir das alles nicht schaffen sollten. Das hätte zwar geklappt, aber natürlich ohne Sitzplätze für uns alle.

So weit so gut – aus unerfindlichen Gründen kam am Bahnhof Nürtingen plötzlich eine Regionalbahn nach Osterburken (wo immer das sein mag), die ohne Umsteigen über Stuttgart fahren sollte. Diese Info hatten wir einem der Busfahrer zu verdanken („Rückstau vom heutigen Streik“; also war diese Bahn definitiv nicht unser verpasster Anschluss), aber mit Sicherheit vor allem dem Glückscent, den Frau Schenk auf dem Bussteig fand.

Die Stimmung schon im Zug von Nürtingen nach Stuttgart, aber später dann im TGV war sehr ausgelassen (trotz aller Müdigkeit), und vor allem wir Lehrer waren unfassbar erleichtert und fragten uns dann angesichts der Verlässlichkeit der deutschen Bahn: Wäre nicht doch künftig ein Bus besser? Die Frage ist noch ungeklärt…

In Paris am Gare de l’Est wurden die meisten Deutschen freundlich von ihren Austauschpartnern empfangen, manche fuhren auch mit uns bis Noisy, um sie dort zu treffen. Ein herzlicher Empfang, hatte man sich ja nur zwei Wochen zuvor erst in Tübingen verabschiedet.

Den restlichen Tag verbrachte jede/r in der Familie, vermutlich auch mit der ein oder anderen Anekdote der Anreise. Wir Lehrer waren bei der Kollegin in Frankreich, Brigitte Johannsen, die ursprünglich aus Hamburg stammt, zu einem typischen Abendessen eingeladen und verbrachten so selber einen schönen Abend.

Tag 2, So, 16.10.2022

Am Sonntagnachmittag konnte, wer wollte, an einem optionalen Spaziergang rund um die bekannten Sehenswürdigkeiten und Monumente in Paris teilnehmen, wobei man größtenteils über die Champs-Elysées schlenderte. Unerwartet viele deutsche und französische Jugendliche hatten Lust, sich uns Lehrern dabei anzuschließen.

Hier wurde man schnell mit den Preisen der superschicken aber auch superteuren Läden „vertraut gemacht“, die sonntags auch alle geöffnet sind. Viele fanden aber in der Zeit zur freien Verfügung zum Glück ein paar Läden mit moderaten Preisen; zumindest die, die es auf Shopping anlegten.

Nach der Rückkehr am Abend kehrten alle in die Gastfamilien zurück oder organisierten sich in kleineren privaten Treffen.

Tag 3, Mo, 17.10.2022

Der erste Ausflugstag in Paris musste leider bei größtem Regen stattfinden.  Das geplante Picknick konnte man so vergessen, und so wurde kurzerhand die Samaritaine (ein Warenhaus mit gehobenem Sortiment) statt des Tuileriegartens besucht. Die Jugendlichen organisierten sich super selbst im Viertel, viele fanden eigenständig Bäckereien mit Spezialitäten, andere besichtigten spontan die Kirche, und man konnte so die Stimmung des Viertels wunderbar auf sich wirken lassen. Nach einem Bummel an der Seine trafen wir uns alle am Louvre, der natürlich wie an jedem Tag extrem voll war. Um die Mona Lisa zu fotografieren, zu der es einen eigenen Wegweiser gab, musste man lange anstehen, und das für das „winzige Gemälde“, was wir den Jugendlichen im Vorfeld nicht mitgeteilt hatten. Wegen der vielen Themen, Statuen und Bilder, die alleine ganze Wände füllten, war für jeden was dabei.

Tag 4, Di, 18.10.2022

Dass ein Streik zur Normalität Frankreichs gehört, durften wir an diesem Tag direkt erfahren. Nicht nur die Métro sollte weniger häufig fahren (wobei man das bei drei statt vier Bahnen im gleichen Zeitabstand tatsächlich nicht mal merkte), sondern auch der Arc de Triomphe konnte trotz Reservierung nicht bestiegen werden. Offensichtlich wurde das aber erst nach über einer Stunde Wartezeit, in der man uns im Unklaren darüber ließ, was denn nun passieren sollte (Angestellte waren schwer bis kaum zu finden; Schilder mit Auskünften zu deren Rückkehr, Öffnungszeiten oder gebuchten Reservierungen suchte man vergeblich). Wir stimmten ab, ob man es mit Warten versuchen wollte, und da die meisten das wollten, nutzten wir die Zeit für Fotos und Gespräche.

Beim Warten auf die erhoffte Besichtigung (vor dem Arc de Triomphe)

Leider war das Warten dann doch vergeblich, also gingen wir zu Fuß zum Eiffelturm, unserem nächsten Programmpunkt. Nachdem man dort erfolgreich den vielen fliegenden und zumeist auch aufdringlichen Händlern ausgewichen war, konnte man endlich den Eiffelturm sehen und schöne Fotos machen, mit Mühe auch ohne fremde Touristen im Hintergrund.

Vor dem Eifelturm

Nach einiger Zeit zur freien Verfügung standen Les Halles auf dem Programm, architektonisch ein Highlight und auch zum Einkaufen super. Einzelne nutzten die Zeit in kleinen Gruppen, um sich das Quartier Latin anzusehen. Wer mitkam zu Les Halles, konnte dort shoppen, sich das beeindruckende, nahegelegene Centre Pompidou ansehen und sich was Leckeres zu Essen suchen. Meistens wollte man neben dem Lunchpaket, das nicht selten aus Toast und ein paar Snacks bestand, doch noch etwas mehr essen bzw. etwas Besonderes probieren.

Tag 5, Mi, 19.10.2022

Dieser Tag war eigentlich als gemeinsamer Ausflug geplant, aber leider standen in Frankreich Prüfungen an, sodass die Franzosen nun doch nicht wie geplant die Genehmigung der Direktion erhielten, in der Schule zu fehlen.

Sehr schade für sie, denn bei blendendem Wetter, mittags bei T-Shirt-Temperatur, schauten wir uns das Künstlerviertel Montmartre und die Galeries Lafayette mit ihrer umwerfenden Aussichtsterrasse an. Viele der Jugendlichen trafen wir immer wieder dort oben an – kein Wunder: Der Ausblick lohnte sich sehr und die Oktobersonne war ja leider nicht jeden Tag so gütig zu uns, siehe Montag. Auch am Abreisetag waren wir alle schon morgens durchnässt, und in Deutschland war es bei der Ankunft nicht besser, also lohnte es sich sehr, jeden Sonnenstrahl mitzunehmen, wie eigentlich immer um diese Jahreszeit.

Vor Sacré-Coeur, Montmartre

Am Abend verbrachten die deutschen Jugendlichen wieder Zeit mit ihren Gastfamilien, und zum Glück hatten die meisten Austauschpartner nach dem späten Schulschluss nicht mehr viel Schulisches zu tun. Ich hörte sogar von einigen, dass sie noch die Energie hatten, Paris bei Nacht anzuschauen, also tatsächlich noch mal die gute Stunde (einfache Strecke!) reinzufahren, um z.B. den Eiffelturm bei Nacht zu bewundern, wohingegen wir Lehrer es gerade so ins marokkanische Restaurant direkt bei uns um die Ecke schafften (was aber nicht minder lohnenswert war!)

Jedenfalls gestalteten sich die meisten ihren privaten „Abschlussabend“, da es am nächsten Tag ja noch den „richtigen“ Abschlussabend in der gesamten Gruppe geben sollte.

Tag 6, Do, 20.10.2022

Leider konnte der Besuch der Schule vor Ort aus organisatorischen Gründen erst am letzten Tag stattfinden. Mit einem Sportturnier „Deutsche gegen Franzosen“ in drei Ballsportarten fing es an (großes Lob: Die Franzosen siegten beim Heimspiel in allen Disziplinen), danach gab es eine Ansprache der französischen Direktion und ein kleines zweites Frühstück für alle.

Die Deutschen sollten im Unterricht dabei sein und sich so gut wie möglich beteiligen (z.B. Hilfe in Deutsch bei Frau Johannsen). Das, was für die Franzosen Alltag ist, nämlich sehr lange Schultage bis 17h30 UND danach noch Hausaufgaben und Lernen auf Klausuren, fand manch eine/r schon sehr anstrengend und fragte im Vorfeld, ob das tatsächlich sein müsse… Aber vielleicht war es interessant, das, was für die französischen Jugendlichen völlig normal war, wenigstens einmal mitzuerleben und eben auch mal auszuhalten; nicht zuletzt, um die eigenen schulischen Bedingungen wieder mehr schätzen zu lernen.

So gibt es an französischen Schulen ja die sogenannte Abteilung „vie scolaire“, wo es  Aufsichtspersonen gibt (das sind keine Lehrer wie bei uns!), die u.a. über das Zuspätkommen wachen und an den Eingangsportalen Aufsicht führen. Seit dem ersten Tag der Woche mussten die deutschen Schüler sich ausweisen.

Fazit und Konsens des Schultages: Unsere SchülerInnen wissen unseren kürzeren Schulalltag mit mehr Eigenorganisation und Selbstverantwortung jetzt noch mehr zu schätzen, auch wenn das manchmal zum Bummeln verleitet.

Am Abschlussabend trudelten alle Schüler nach dem Unterricht mehr oder weniger zeitgleich im Nachbarort zu Bowling, Lasergame und Pizza ein. Die, die vom Unterricht erschöpft waren, wurden spätestens jetzt wieder wacher, und alle hatten Spaß in ihren gemischten Teams. Der Abend war von der französischen Kollegin Brigitte Johannsen sehr gut organisiert und schaffte nochmals schöne Erinnerungen an unseren ersten Austausch. Einige möchten den Austausch mit ihren Austauschpartnern fortsetzen, was für eine beginnende Freundschaft spricht und neben dem Spracherwerb ja auch eines der Ziele einer solchen internationalen Begegnung ist.

Uno beim Abschlussabend in gemischter Runde

Abreisetag, Fr, 21.10.2022

Bei der frühen Verabschiedung vor französischem Schulstart flossen auch Tränen, da in einigen Fällen eine besondere Bindung entstanden war – in Jahrgang 13 mit dem Wissen, dass man sich dann weiterhin privat organisieren müsste, um den Kontakt zu halten.

Los ging die Rückreise bei strömendem Regen mit der Regionalbahn, und beim Umsteigen zur Métro erreichte mich die Hiobsbotschaft von einem Schüler, dass er seinen Rucksack mitsamt Laptop und Schul-ipad in der Bahn habe liegen lassen. Was für ein Riesenglück war es, dass dieser über eine App erfolgreich weiterverfolgt werden konnte – und vor allem NICHT entwendet worden war – und mittlerweile dank hilfsbereiter Organisatoren in Paris und dank des Austauschpartners Deutschland erreicht hat (mit allem Inhalt).

Die nächste Sache, die für Aufregung sorgte, ließ nicht lange auf sich warten: Vor dem Betreten des TGVs in Paris fehlte eine Person, worauf ich in den Zug stürmte (mit dem Gedanken im Hinterkopf „entweder ist wirklich noch jemand in Paris und ich muss gleich wieder aussteigen oder (hoffentlich!) hat die Einlasskontrolleurin mich selbst nicht mitgezählt“). Zum Glück traf letzteres zu, denn Frau Schenk hatte bereits durchgezählt, und als ich den Zug betrat, wurde „vollzählig“ gerufen, und der Schreckmoment war vorüber.

Während der Reise wurden viele lustige Erlebnisse mitgeteilt, aber es gab auch sehr viele sehr müde Jugendliche, die leider immer wieder aufgeweckt wurden, da die Bahn und der Schienenersatzverkehr natürlich mit den üblichen Verspätungen, Alternativen und Unklarheiten wieder mal alle Klischees erfüllten. Der TGV fuhr aus unbekanntem Grund zu spät in Karlsruhe ein, sodass damit alle weiteren Anschlüsse verpasst wurden; zweieinhalb Stunden später als ursprünglich geplant kamen all die in Tübingen an, die sich nicht schon wesentlich früher in Stuttgart abholen ließen.

Sehr erschöpft, aber glücklich über diese besondere Schulwoche im Nachbarland mit vielen Eidrücken, neuen und vertieften Bekanntschaften oder entstandenen Freundschaften, kamen dann alle gut zu Hause an und freuten sich auf ein Wochenende zur Erholung, bevor am Montagmorgen die Schule wieder losgehen sollte…

Bericht: Frau Schmidt